In meiner Diplomarbeit habe ich mich mit augmentierten Adjektiven beschäftigt und solche deutschen Wörter wie „scheißegal“, „wunderschön“ oder „hundsrotzdumm“ untersucht. Folgende Eigennamen können auf diese Weise analysiert werden: „knallgrau“ und „brand eins„. Da es zwischen beiden Wortbildungen einen gewissen Unterschied gibt, nehmen wir uns „knallgrau“ zuerst vor, da es eindeutiger in das Schema eines regelkonformen augmentierten Adjektives passt.
Die Bildung „knallgrau“ splittet man in das Erstglied „knall-“ und das Adjektiv „grau“. Typischerweise verbindet sich „knall-“ mit hellen Farben: knallrot, knallgelb oder wird zum Sammelbegriff knallbunt. Es gibt keine semantische Verbindung zwischen dem Substantiv „Knall“, welches ein lautes, kurzes Geräusch bezeichnet. Nur im übertragenen Sinne sind diese Farben laut und schrill. Man kennt diese metaphorische Bedeutung von Wortverbindungen wie „knalliges Rot“ o. Ä. Allein dunklere Farben nehmen das „knall-“ in der Regel nicht als Erstglied zur Steigerung: ?knallgrün, ?knallblau, ?knallbraun. Die Nichtfarben „weiß“ und „schwarz“ nehmen das Erstglied noch weniger an: *knallweiß, *knallschwarz. Auch „grau“ gilt als Nichtfarbe – als Mischung aus Weiß und Schwarz gilt Grau als langweilig und unspektakulär, eben: ein farbloser Charakter. Umso interessanter ist die Kombination „knallgrau“ – das Erstglied bereitet auf etwas farblich oder zumindest stofflich gesteigertes, intensiviertes vor, wie eben bei den Beispielen „knallrot“ oder auch „knallhart“. Das Zweitglied „grau“ bedingt einen metaphorischen Gegensatz innerhalb der Wortbildung. Von allen Farben passt „grau“ scheinbar am wenigsten zusammen mit „knall-„, die Kombination erwirkt aber den Gedanken an etwas Unmögliches, Besonderes. Da es als Firmenname fungiert, ist das Interesse des Kunden geweckt und es wirkt, als gäbe es dort etwas, was woanders nicht geboten wird.
Der Titel des Magazins „brand eins“ begründet sich laut Wikipedia auf folgendes Wortspiel:
Der Redaktionssitz in Hamburg befand sich ursprünglich in der Brandstwiete 1, gleichzeitig bedeutet der englische Begriff „brand“ in der Wirtschaftssprache auch „Marke“.
Linguistisch lässt sich das dennoch weiter interpretieren. „Brandneu“ ist eins der meist benutzten augmentierten Adjektive im Deutschen. „Brand-“ als steigerndes Erstglied ist aus Wendungen wie „brandheiß“ entstanden, da es eine Komposition mit logischer Paraphrase ist: ‚heiß wie ein Brand‘ (das kann man mit keiner Wortbildung mit „knall-“ machen!) Natürlich trifft das bei „brandneu“ nicht zu (?’neu wie ein Brand‘). Irgendwo dazwischen liegen die Bildungen wie „brandgefährlich“ (‚gefährlich wie ein Brand‘). In der Bedeutung ist „brand-“ aber genau das selbe wie „knall-„, nämlich ein Steigerungserstglied ohne Eigenbedeutung im Kontext. Wie aber kommt es zu „brand eins“? Es fällt zuerst auf, dass die zwei Worte nicht zu einem zusammengezogen worden sind. Außerdem ist „eins“ kein Adjektiv, sondern ein Zahlwort, dass sich zwar in vielerlei Hinsicht verhalten kann wie ein Adjektiv, jedoch eine andere Wortart ist. Klassischerweise lassen sich Adjektive steigern („neu – neuer – am neuesten“), Zahlworte hingegen nicht. Wie bei vielen absoluten Adjektiven, die man inhaltlich nicht steigern kann („tot“, „blond“) verwendet man Augmentation. Um also den Eindruck entstehen zu lassen, es handle sich bei einem Magazin um ein immer aktuelles, innovatives und uneinholbar modernes, am Puls der Zeit erscheinendes Schriftstückt, nennt man es „brand eins“. Die „Eins“ dient zusätzlich dem Eindruck, an vorderster Stelle verortet zu sein. Zudem ist die „Eins“ sehr simpel zu verstehen und bildet das Prinzip ‚Anfang‘ ab, das ohne Traditionen und Alteingesessenheiten auskommt. Unvoreingenommen und Neu.
Danke für eure Aufmerksamkeit. Hab euch lieb, eure Katja.